Schutz gebäudebewohnender Arten bei Sanierung und Abriss von Gebäuden im Hochsauerlandkreis

Durch Sanierungen und Abrisse von Gebäuden besteht eine Gefahr für gebäudebewohnende Arten. Viele Vögel und Fledermäuse gelten als Kulturfolger des Menschen und haben sich an die von Menschen geschaffenen Lebensräume angepasst. Diese Tiere sind stark auf Quartiere angewiesen, die sie an und in Gebäuden finden. Die Zerstörung oder Beeinträchtigung dieser Lebensräume durch Baumaßnahmen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Arten dar und erfordert besondere Aufmerksamkeit und Schutzmaßnahmen. Durch die immer umfangreicheren energetischen Sanierungen der Gebäude kommt es zu drastischen Quartiersverlusten. Insbesondere Vögel und Fledermäuse fallen Sanierungen zum Opfer und verlieren ihre Quartiere. Auch Insekten sind zunehmend vom Verlust ihrer Lebensstätte an Gebäuden betroffen.

Vögel:
Durch ihre Fähigkeit zum Fliegen vernetzen Vögel verschiedene Lebensräume miteinander und leisten als natürlicher Feind von Schädlingen und als Bestäuber von Früchten einen wichtigen Beitrag zu den Ökosystemleistungen. In Nordrhein-Westfalen sind eine Reihe gebäudebewohnender Vogelarten, darunter beispielsweise Haussperlinge, Mehlschwalben, Mauersegler und Schleiereulen, heimisch. Vögel nutzen verschiedene Bereiche an Gebäuden als Nistplätze. Dachstühle, Fassaden, Schornsteine und Dachrinnen sind nur einige Beispiele. Die Nist- und Brutzeit bei Vögeln erstreckt sich von März bis September. Dabei gibt es deutliche artabhängige Unterschiede, sowohl was den Zeitraum der Brutzeit, als auch die Anzahl der Jahresbruten angeht.

Fledermäuse:
Fledermäuse sind von besonderer Bedeutung für unser Ökosystem und leisten insbesondere durch die Vertilgung von teilweise mehreren tausend Insekten pro Nacht einen wertvollen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung. Auch sie leiden zunehmend unter dem Rückgang an geeigneten Quartieren. Neben waldbewohnenden Arten gibt es eine Reihe gebäudebewohnender Fledermausarten, welche ihre Quartiere in dunklen und geschützten Bereichen von Gebäuden finden. Das sind beispielsweise Dachböden, Hohlräume und Spalten im Mauerwerk und der Fassade oder auch Fensterläden. Frostfreie Keller werden gerne als Winterquartier angenommen. Besonders wichtig für Fledermäuse sind die sogenannten Wochenstuben-Quartiere, in denen die Weibchen dieser sozialen Tiergruppe in großen Gruppen ihre Jungen aufziehen. Die Wochenstuben werden von den Fledermäusen ab Ende April aufgesucht. Im Juni kommen sodann die ersten Jungtiere zur Welt, welche wiederum in etwa ab August ausgewachsen sind.

Insekten:
Auch Bienen, Hornissen oder Wespen (und viele Käferarten) können Bereiche am Gebäude bewohnen. Insekten spielen eine wichtige Rolle als Bestäuber von Pflanzen und tragen zur Artenvielfalt bei. Sie finden in Gebäuden und deren Umgebung Unterschlupf und Nistmöglichkeiten. Holzstrukturen, Dachisolierungen, Mauerwerk und offene Fugen bieten Insekten Schutz und Brutplätze. Der Schutz und die Erhaltung sind ebenso essenziell für das Ökosystem wie bei anderen Lebewesen auch.

Gesetzliche Grundlagen:

Die rechtliche Grundlage für den Artenschutz ist durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geregelt. Das Artenschutzrecht gilt auch bei nach Landesbauordnung NRW verfahrens- oder genehmigungsfreien Vorhaben, wie beispielsweise bei Abrissen oder Sanierungen. Gemäß §44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten, 

  1. wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

  2. wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

  3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

  4. wildlebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.

 

Diese Regelungen gelten für alle Arten des Anhangs IV der FFH-RL (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) sowie für alle europäischen Vogelarten bzw. in Nordrhein-Westfalen insbesondere für die planungsrelevanten Arten, einer fachlich begründeten Auswahl derjenigen Arten, die im Rahmen von Planungen vertieft betrachtet werden müssen. Die artenschutzrechtlichen Bestimmungen betreffen somit sowohl den Schutz jedes einzelnen Tieres, als auch deren Lebensstätten und gelten flächendeckend. Bei dauerhaften Fortpflanzungs- oder Ruhestätten gilt der Schutz auch während der Abwesenheit von Tieren. Dies sind beispielsweise Fledermausquartiere oder Schwalbennester. Daraus folgt, dass einmalige Nistplätze wie beispielsweise Singvogel- oder Hornissennester nach der Fortpflanzungsperiode, welche vom 01.03. bis zum 30.09. eines Jahres dauert, entfernt werden können.

In den meisten Fällen lässt sich ein Eintreten artenschutzrechtlicher Verbote durch die Verlegung der Bauzeiten auf außerhalb der Brut- bzw. Quartierzeit und durch das Anbringen von Ersatzquartieren vermeiden. Sollte dies in seltenen Fällen nicht möglich sein, kann die Untere Naturschutzbehörde auf Antrag die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung gemäß §45 BNatSchG prüfen.

Ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Regelungen ohne gesonderte Genehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde stellt gemäß §69 BNatSchG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

Sonderfall Gebäudeabriss:

Unabhängig davon, ob der Gebäudeabriss oder die Sanierung verfahrensfrei gemäß Baugesetzbuch (BauGB) bzw. Landesbauordnung (BauO NRW) ist, sind die Bestimmungen zum Artenschutz einzuhalten. Die Verfahrensfreiheit entbindet dementsprechend nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung des Artenschutzes. Eine artenschutzrechtliche Prüfung ist vor Baubeginn durchzuführen und der Unteren Naturschutzbehörde zur Prüfung zukommen zu lassen. Ein entsprechendes Formular für eine erste Vorprüfung zum Artenschutz finden Sie hier: t3://file?uid=31985

Kontakt und weitergehende Informationen

Allgemein stellt der Artenschutz ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Artenvielfalt dar. Aus diesem Grund ist eine möglichst frühzeitige Kontaktaufnahme notwendig, um Problemstellungen im Vorfeld zu regeln.

Die Untere Naturschutzbehörde des Hochsauerlandkreises steht Ihnen bei allen Fragen zum Thema Artenschutz am Gebäude zur Verfügung. Gemeinsam lassen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und notwendigen Verfahrensabläufe klären, eine ggfs. notwendige Prüfung artenschutzrechtlicher Belange abstimmen oder mögliche Vermeidungs- oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen absprechen. 

 

Ansprechpartner/innen: 

Telefon: 0291 94 (Durchwahl s.u.)

Herr Lehmann: Arnsberg und Sundern; Tel.: 1824, toni.lehmann@hochsauerlandkreis.de

Frau Schulte-Illingheim: Brilon und Marsberg; Tel.: 1664, lucie.schulte-illingheim@hochsauerlandkreis.de

Frau Schlünder: Hallenberg und Medebach; Tel.: 1609, leonie.schluender@hochsauerlandkreis.de

Frau Teigeler: Schmallenberg und Winterberg; Tel.: 1729, jennifer.teigeler@hochsauerlandkreis.de

Frau Brandenburg: Eslohe, Meschede, Bestwig und Olsberg; Tel.: 1673, sandra.brandenburg@hochsauerlandkreis.de

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